Ueli Keller

Politische Rechte für Menschen mit Behinderung

Aktuell ist es Menschen mit umfassender Beistandschaft verboten an Wahlen und Abstimmungen teilzunehmen. Sowohl in der Kantonsverfassung § 18 und auf Bundesverfassung Art. 136 wird als Voraussetzung für das Stimm und Wahlrecht unter Anderem Urteilsfähigkeit vorausgesetzt. Dieses fehlt Menschen mit umfassender Beistandschaft. Mir scheint das aber ein wenig überzeugender Grund zu sein, warum sie nicht trotzdem ihre Meinung zu politischen Themen kundtun dürfen. Darum diese Motion um das mindestens auf kantonaler Ebene zu ändern.


Motion "Politische Rechte für Menschen mit Behinderung"

Der Regierungsrat wird beauftragt, dem Grossen Rat eine Vorlage zu unterbreiten, welche die notwendigen verfassungsmässigen und gesetzlichen Grundlagen schafft, damit auch Menschen mit vollständiger Beistandschaft auf kantonaler sowie kommunaler Ebene Wählen und Abstimmen dürfen.

Begründung:

2014 wurde die UNO-Behindertenrechtskonvention von der Schweiz unterschrieben. Diese verpflichtet die unterzeichenenden Staaten die Gleichstellung von Menschen mit und ohne Behinderung zu fördern. Im Artikel 29 “Teilhabe am politischen und öffentlichen Leben” wird festgehalten, dass Menschen mit Behinderung gleichberechtigt umfassend am politischen und öffentlichen Leben teilhaben können.

Wörtlich: Die Vertragsstaaten garantieren Menschen mit Behinderungen die politischen Rechte sowie die Möglichkeit, diese gleichberechtigt mit anderen zu geniessen, und verpflichten sich: (a) sicherzustellen, dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen wirksam und umfassend am politischen und öffentlichen Leben teilhaben können, sei es unmittelbar oder durch frei gewählte Vertreter oder Vertreterinnen, was auch das Recht und die Möglichkeit einschliesst, zu wählen und gewählt zu werden […]

Aktuell ist es Menschen mit einer umfassenden Beistandschaft untersagt, an Wahlen und Abstimmungen teilzunehmen. Die Art der Beistandschaft sagt nichts darüber aus, ob sich eine Person gewissenhaft mit poltischen Fragen auseinandersetzt oder nicht. Diese Unterscheidung ist willkürlich.

Im Kanton Genf wurde ein ähnlicher Vorschlag an einer Volksabstimmung deutlich angenommen. National wurde ein Postulat zu diesem Thema am 18.03.21 eingereicht und angenommen. Zu den Mitunterzeichnern gehört unter anderem der Thurgauer Ständerat Jakob Stark.

Der Kanton Thurgau würde mit der Umsetzung der Konvention anerkennen, dass Menschen unabhängig von ihrer Behinderung politisch ernst genommen werden.

Bischofszell, 04.10.2021

Ueli Keller, Marina Bruggmann, Cornelia Hauser, Turi Schallenberg, Sabina Peter Köstli, Jorim Schäfer, Cornelia Zecchinel, Nicole Zeitner

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#Motion #Politik #grosser Rat